Theodor Vahlen

1869-1945

Präsident von 1938 bis 1943

Kurzbiografie:

Theodor Vahlen, Sohn des klassischen Philologen Johannes Vahlen (1830-1911, Ordentliches Mitglied 1874) und dessen Frau Amalie Vahlen, wurde 1869 in Wien geboren. Er studierte in Berlin Mathematik, wo er 1893 promoviert wurde. Seine Habilitation erfolgte 1897 an der Universität Königsberg. 1911 wurde V. als Ordinarius für Mathematik an die Universität Greifswald berufen, an der er bereits mit Unterbrechungen seit 1894 gelehrt hatte. Zunächst in Reiner Mathematik forschend, wandte V. sich später der Angewandten Mathematik, insbesondere der Ballistik, zu. Im „Dritten Reich“ gehörte V. zu den Hauptvertretern der sogenannten „Deutschen Mathematik“.

Die Weimarer Demokratie lehnte V. radikal ab. Er trat 1918 der Deutschnationalen Partei (DNVP) und 1923 der NSDAP bei, wo er rasch Karriere machte. Zwischen 1924 und 1927 fungierte er als Gauleiter der NSDAP bzw. der „Großdeutschen Volksgemeinschaft“, einer Ersatzorganisation der zwischen 1923 und 1925 verbotenen Partei, in Pommern. Zwischenzeitlich war V. Abgeordneter im Reichstag. Seine antidemokratischen Überzeugungen bestimmten auch sein Auftreten als Rektor (1923/24) und Prorektor (1924/25) der Greifswalder Universität. In Folge eines Disziplinarverfahrens wegen republikfeindlicher Handlungen wurde V. zunächst von seinem Amt suspendiert, dann beurlaubt und schließlich aus dem preußischen Staatsdienst entlassen. 1930 nahm er einen Ruf an die Technische Hochschule Wien an, wo er politisch weiter aktiv blieb. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde V. erneut als Professor nach Greifswald berufen, ohne dort wieder zu lehren. Zwischen 1934 und 1937 vertrat er als Lehrstuhlinhaber die Angewandte Mathematik an der Berliner Universität. Ab März 1933 war V. als Referent im preußischen Kultusministerium tätig, seit April 1934 leitete er dessen Hochschulabteilung. Zwischen Mai 1934 und März 1937 leitete er das Amt Wissenschaft im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Bereits 1933 war V. auch zu einem der Vizepräsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft ernannt worden. 1936 trat er von der SA zur SS über.

Die Wahl V.s zum Ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften erfolgte 1937, allerdings erst im zweiten Wahlgang. Wenige Monate später scheiterte er bei dem Versuch, sich zum Sekretar der Physikalisch-naturwissenschaftlichen Klasse wählen zu lassen. Obwohl ihm viele Akademiemitglieder ablehnend gegenüberstanden, ernannte ihn der Reichserziehungsminister Ende 1938, im Zuge der Einführung des „Führerprinzips“, zum kommissarischen Präsidenten der Akademie. Bei der Präsidentenwahl im Plenum erhielt V. – wie der Gegenkandidat Hans Stille – keine Stimmenmehrheit. Auf Grund einer erneuten ministeriellen Ernennung blieb V. jedoch bis 1943 im Amt. Seine Präsidentschaft war von autoritärer Amtsführung, anhaltenden Konflikten in der Akademieleitung und fehlender Akzeptanz bei vielen Akademiemitgliedern gekennzeichnet, vor allem bei seinen Versuchen, die Vorgaben der nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik in der Akademie durchzusetzen. Der Ausschluss der jüdischen Mitglieder und die Entlassung der jüdischen Mitarbeiter waren zu Beginn seiner Amtszeit allerdings schon weitgehend vollzogen.

Im Februar 1943 bat V. beim Reichserziehungsministerium um seine Entlassung. Er wurde zunächst beurlaubt und im Juni 1943 offiziell von seinem Amt entbunden. Nachdem V. im November 1943 in Berlin ausgebombt worden war, ging er als Honorarprofessor wieder an die Technische Hochschule Wien und anschließend als Lehrbeauftragter an die Deutsche Universität Prag. Dort wurde er im Mai 1945 von Soldaten der Roten Armee verhaftet. Theodor Vahlen starb im November 1945, vermutlich in einem Prager Internierungslager.